Feldstudie: Walmart

Mai 24, 2007

Ich hab noch einen Artikel in der Mottenkiste gefunden und dachte, dass ich den, mittlerweile knapp fünf Monate nach meinem Auslandsaufenthalt, mal „publizieren“ könnte.

Ich habe absolut keine Ahung, warum ich das nicht schon vorher getan habe, aber sei es drum.

Was fährt einen Pick-Up, trinkt selbstgebrannten Schnaps und guckt leidenschaftlich gerne Football? Ein Redneck. Und was macht ein Redneck, wenn er mal nicht fährt, trinkt oder guckt? Natürlich, wie jeder gute Amerikaner, kauft er ein. Und wo macht er das? Bei Walmart natürlich.

Zig Bücher, zig Filme und wahrscheinlich sogar zig Dokumentationen wurden über die Redneck-Kultur geschrieben, nicht nur hier in Amerika. Um etwas aber kennen zu lernen, muss man es gesehen haben, muss in den natürlichen Lebensraum eingedrungen sein und beobachten, beobachten, beobachten. Und nirgends, mal abgesehen von einer Football-Kneipe (in der man nur die Männer sieht), kann man das besser als bei Walmart.

Wie Motten um das Licht schwirren Rednecks und solche, die es werden wollen, um die großen blauen Buchstaben am Superstore hier in Charlottesville. Hast du keinen V8, bist du out. Hast du nen V6 Pick-Up oder Jeep, okay, dann darfst du bleiben.

Gestern abend waren Martin und ich auf großer Shopping-Tour, denn es galt Dekoartikel für die Christiane’s Geburtstag/mein Wiederkommen-Party zu kaufen. Schön amerikanisch sollten sie sein, am besten mit Stars & Stripes, wie es sich für eine gute USA-Motto-Party gehört.

Nachdem Kroeger (Lebensmittelmarkt) und Target (wie Walmart, nur besser) kläglich auf der Patriotismus-Skala versagt hatten, war Walmart die letzte Anlaufstation.

Und das es Samstag abend war, und Samstag abend DER Einkaufstag schlechthin ist, waren entsprechend viele Leute noch gegen 22 Uhr im Laden. Und da sah ich sie dann, die absolut durchschnittliche Redneck-Familie.

Vater: NASCAR T-Shirt und Kappe, Blue Jeans und kariertes Holzfällerhemd, dazu Turnschuhe, nicht zu vergessen die unnachahmliche Frisur (bei uns als Vokuhila bekannt), Handy mit Gürtelclip

Mutter: übergewichtig, Legings in pink, langes T-Shirt mit Mickey Mouse Applikation, weiße Turnschuhe und Pferdeschwanz, außerdem das Handy an einem Band um den Hals hängen

Sohn 1: Lederjacke (mit Footballvereinssymbol hinten drauf), Jeans und ausgewaschenes T-Shirt, Haare kurz rasiert, Handy mit Gürtelclip

Sohn 2: Holzfällerhemd, T-Shirt mit Bierwerbung, Kappe und Jeans, und nicht zu vergessen: Handy mit Gürtelclip

Tochter: ein Bild für die Götter, denn eine 1:1-Kopie ihrer Mutter, nur statt Mickey Mouse ein gestrasstes Herz

Besser hätte ich es mir nicht wünschen können, eine Redneck-Familie, wie sie im Buche steht. Da Martin nach UVa-Klamotten suchte, hatte ich ein paar Minuten Zeit und schlich mich heran, um die Familie in freier Wildbahn beim Jagen zu beobachten.

Schnell zerstreuten sie sich, um es mir schwerer zu machen. Vater mit Sohn 1 in Richtung Technik-Abteilung, Mutter mit Sohn 2 zu den Klamotten und Tochter in Richtung Schuhe. Sohn 1 direkt an die X-Box und losgezockt, Vater sich ein bißchen mit Digitalkameras aufgehalten, dann aber die DVDs unter die Lupe genommen. Mutter mit Sohn 2 war ziemlich schnell zurück, es sah nach Neueinkleidung aus: es gab Jeans, weiße T-Shirts und zwei karierte Hemden – schick. Tochter kam mit abgrundtief hässlichen Turnschuhen zurück. Schien aber keinem Familienmitglied aufgefallen zu sein; und ich wollte nichts sagen, da ich ja nur Beobachter war.

Mutter fauchte Sohn 1 an, dass er sich gefälligst von der „scheiß“ Konsole fern halten sollte, Vater lachte leise und wurde dann auch angeschissen. Somit waren zwei Männer ruhig gestellt und trotteten beleidigt hinter Mutter, Tochter und Sohn 1 (ich denke: Lieblingssohn der Mutter) her.

Nächste Station war die Möbelabteilung (ja, das gibt es im Walmart, aber nur Kleinmöbel). Ein neuer Couchtisch sollte es sein und Mutter hatte schnell einen gefunden. Ab in den Wagen damit. Sohn 1 schurfte weiter zu den Auto-Artikeln und suchte wahrscheinlich nach einem neuen Luftfilter für seinen (wahlweise) Dodge Ram oder Ford F-150 Pick-Up. Sohn 2 klebte bei Mutter, Tochter langweilte sich nach Schuh-Drama zusehend und Vater hatte nachdem Couchtisch genug gesehen; er wanderte ab in Richtung Ausgang. Dort würde er noch geschlagene 20 Minuten warten müssen.

Danach verlor ich die Truppe aus den Augen und suchte mit Martin nach USA-Patriotismus-Artikeln. Nachdem ich nur eine USA-Flagge (nur noch mit elf anstatt 13 Streifen, da Meterware) für 64 Cent ergattert hatte, war ich kurz davor aufzugeben, denn wir näherten langsam, aber sicher der Kasse. Dann das Paradies zu unserer Rechten:

Patriotismus zum MitnehmenVor uns tat sich ein Meer aus rot, weiß und blau auf. Hier war alles vertreten: Becher, Teller, Servietten, Ketten und Tischdecken in Flaggen-Optik. Außerdem noch kleine Fahnen, große Fahnen, riesige Fahnen, Mini-Fahnen und Auto-Fahnen. So konnte ich den gesamten Einkauf in einem Rutsch erledigen.

An der Kasse stießen wir dann wieder auf die Familie und ich traute meinen Augen nicht. Der vor 20 Minuten leere Einkaufswagen (von ein paar T-Shirts, einem Paar Schuhe und einem Couch-Tisch mal abgesehen) war prall gefüllt und wäre das Ding nicht aus Metall, sondern Holz gewesen, ich glaube, es wäre geborsten. Da ich schon bezahlt hatte, sagte ich der Familie (im Stillen) Lebwohl und nahm beim Amerika-Merchandise mit zum Jeep.

Und da stand er neben uns, ein mächtiger 3500 Dodge Ram mit Doppelkabine, Doppelauspuff und Doppelhinterreifen. Schick in schwarz und komplett mit (leerem) Gunrack hintendrin. Für alle, die nicht wissen, was ein Gunrack ist, hier ein Bild.

Das musste das Auto sein. Ich werde es nie erfahren, denn wir waren weg, bevor Familie Redneck den Laden verließ. Schade, ich hätte sie sonst verfolgen können und hätte live mitbekommen, wie Rednecks einen Walmart-Couchtisch zusammenbauen. Spannend!

 


Al dente ohne Mühe

Dezember 12, 2006

Spaghetti-MaschineHeute gefunden: Jeder Koch (bzw. jeder tote Koch) würde sich beim Anblick dieses Apparats im Grabe umdrehen. So eine Erfindung kann auch nur in den USA auf den Markt kommen, wo „schick essen gehen“ soviel bedeutet wie, „mal nicht Fleisch zu essen, was durch den Fleischwolf gedreht wurde“.

Die Bedienung ist ganz einfach (so einfach, dass vier Bilder ausreichen): Wasser rein, Nudeln rein, einschalten und warten. Dann einfach die Spaghetti in die Schüssel oder auf den Teller kippen. Kann jedes Kind. Wunderbar.


Das große Finale naht

Dezember 8, 2006

Nachdem sich die ganze „iPod-Kopfhörer-im-Ohrloch“-Nummer so langsam verbraucht hat und nicht mehr so viele Leute auf meine Seite finden, kann ich wieder zu den ernsten Themen des Lebens zurück kommen. Aber nur ganz kurz, denn ich muss weiter lernen. Morgen um neun Uhr, sprich in weniger als zwölf Stunden, steht meine erste Klausur ins Haus und ich hab noch einiges durchzuarbeiten.

Ein paar Minuten finden sich aber immer, vor allem, wenn man sich so schnell vom Lernen ablenken kann, wie ich. Das konnte ich übrigens schon immer. Mein Vater, welcher versuchte mir Mathe beizubringen und, in Retrospektive, kläglich scheiterte, kann davon ein Liedchen singen – bzw. ein komplettes Doppelalbum mit Bonus-DVD aufnehmen.

Also, was ist in der letzten Zeit passiert? Hm, nicht wirklich viel. Ich habe Christiane zu Flughafen gebracht, dann meine letzte Vorlesungswoche mit drei Stunden Schlaf pro Nacht überstanden und jetzt sitze ich hier und pfeife mir das „politische System der USA“ rein. Süßer die Glocken nie klangen, oder so.

Die letzte Vorlesungswoche war echt der Hammer. Hier mal ein kurzer Einblick, was ich alles zu tun hatte:

Montag: Christiane zum Flughafen gebracht, um 18 Uhr zuhause gewesen, in zwei Stunden ein Buch zu Ende gelesen und angefangen zu schreiben, gegen sechs Uhr morgens totmüde, aber mit fertiger Hausarbeit, ins Bett gefallen.

Dienstag: normaler Uni-Tag von morgens bis abends, Hausarbeit abgegeben, nach Hause gefahren, ins Gym gegangen, eine Präsentation vorbereitet, um vier Uhr ins Bett gegangen, totmüde, aber mit fertiger Präsentation.

Mittwoch: zur Uni gegangen und nach dem Gym beim DVD gucken eingeschlafen, leider auch erst um drei Uhr morgens.

Donnerstag: Uni, dann gemerkt, dass ich am Mittwoch nix für mein Paper gemacht hatte, was am Freitag abgegeben werden musste, also zwei Stunden gelesen, weitere sechsgeschrieben und um sieben Uhr morgens totmüde, aber mit acht handgetippten Seiten im College Block, eingeschlafen.

Freitag: nach einer Stunde Uni habe ich, soweit ich mich erinnere, den Rest des Tages im Bett gelegen, bzw. gegessen.

Samstag: hätte ich was für meine Hausarbeit (Abgabe: Montag) machen können, hab ich aber nicht, denn es gab ja noch…

Sonntag: lange geschlafen, lange gelesen und noch länger geschrieben, gegen fünf Uhr ins Bett gefallen, Paper fertig, aber unzufrieden, leider aber einfach zu müde, um noch Dinge zu verbessern

Da hatte ich dann erstmal die Schnauze voll und hab einen Gang zurück geschaltet, vor allem weil wir Dienstag den letzten Vorlesungstag hatten. Und jetzt sitz ich schon wieder hier und werd wohl noch ne ganze Zeit hier sitzen, damit ich genug gemacht habe, um nicht mit einem schlechten Gewissen in die dreistündige Klausur morgen zu gehen.

So, genug Leid geklagt, es gibt auch positive Nachrichten; allen voran fahre ich in knapp zehn Tagen nach Hause. Super, endlich eine Zahl, die man ausschreiben muss (für alle, die es nicht wissen, erst ab 13 darf/soll man die Zahl als Zahl, und nicht in Buchstaben, schreiben) – soviel dazu. In etwas mehr als einer Woche packe ich schon, weil in genau einer Woche meine letzte Klausur hinter mir liegt.

Danach nutze ich dann die verbleibenden eineinhalb Tage zum shoppen; und dann geht’s schon zum Flughafen nach Washington. Und in 0,nix (toll, oder? Null-komma-nix) bin ich wieder bei meiner Liebsten im schönen Dortmund. Das wurde auch mal Zeit, finde ich!

Am Montag muss ich aber erstmal Martin hier in CVille zum Flughafen bringen. Der Sack muss keine Final Exams schreiben. Glück muss der Mensch haben – und halt Grad-Student sein.

So, jetzt muss ich aber Schluss machen, mein schlechtes Gewissen klopft an. Oder ist es mein Magen? Keine Ahnung, knurrt ein schlechtes Gewissen?


Lichterketten und Grünflächen

Dezember 1, 2006

Ist etwas nach sechs Jahren schon eine Tradition? Traditionell schon, oder? Verglichen mit den fast 200-jährigen Geschichte der University of Virginia (1819 gegründet) ist es zwar eigentlich noch keine Tradition, aber weil es irgendwie doch eine ist, nenn ich es jetzt mal einfach eine Tradition.

Die Tradition, die vielleicht noch gar keine ist, ist, sollte sie eine Tradition sein, „The Lighting of the Lawn“ hier an der Uni.

Die offizielle Uni-Seite schreibt zu diesem Event:

Students initiated the idea of lighting the Lawn in 2001 to bring the community together after Sept. 11.

Bevor die Kurse am kommenden Dienstag für dieses Semester enden und die Klausurenphase beginnt, kommen noch mal viele Studenten auf der großen Rasenfläche vor der Rotunde, dem Lawn, zusammen, um heiße Schokolade zu trinken, Kekse zu essen und weihnachtlicher a-capella Musik zu lauschen – das ganze nennt sich dann „Lighting of the Lawn“ (Erleuchtung der „Gründfläche“, ziemlich schlechte Übersetung, sorry), denn die zweistündige Gesangsveranstaltung zielt nur auf den kurzen Moment ab, wenn die Scheinwerfer vor der Rotunde aus- und tausende kleiner Lichter (an Lichterketten) angeschaltet werden.

Dann erstrahlen alle Gebäude rechts und links des Lawns in vorweihnachtlichem Glanz; oder zumindest sollen sie das. Irgendwie sieht das ganze etwas halbherzig aus, bei dem Geld, was die Uni an ihren Studenten verdient, könnte sicherlich die eine oder andere Lichterkette zusätzlich gekauft werden. Weihnachtlich ja, aber ziemlich mager für einen Haushalt von ca. 3,5 Milliarden US-Dollar.

Egal, der Gedanke zählt. Heute kam noch etwas hinzu, dass die Weihnachtsstimmung zerstörte; und da kann keine Universität der Welt etwas gegen tun: es war warm.

Nicht warm im Sinne von: „für die Jahreszeit warm“. Es war wirklich warm, so warm, dass ich geschwitzt habe, obwohl ich nur einen Kapuzenpulli an hatte. Martin, mit dem ich beim „Lighting“ war, zog gleich das T-Shirt vor. Ich würde schätzen, dass es heute abend annähernd 20-25 Grad waren; nicht sehr weihnachtlich, zumindest nicht für einen Europäer. Mein australischer Bekannter Danny hätte wahrscheinlich gesagt: „Craiky, its freezin‘, mate!“

Martin und ich beschlossen dann, dass Vorweihnachten ohne Kälte Mist ist und tranken Bier in einem Irish Pub. Kurz vor dem eigentlichen „Lighting of the Lawn“, also dem Zeitpunkt, wenn auf Weihnachtsbeleuchtung umgeschlatet wird, ging es dann doch zurück zum Lawn, um wenigstens ein paar Fotos zu machen.

Ich drücke aus Versehen die Video-Taste und blieb dabei, weil Vorweihnachten ohne Kälte, aber dafür mit Sound besser ist, als verwackelte Bilder, ohne Weihnachtsmusik-Unterlegung.

Hier das Video:


Endlich

November 8, 2006

Nach so viel Politik jetzt mal wieder zu etwas wichtigerem im Leben – der Liebe. Morgen kommt endlich Christiane mich besuchen. Ein Augenblick, auf den ich fast drei Monate warten musste.

Ich fahr von Charlottesville also morgen nach Washington und hole sie vom Flughafen ab, danach geht es dann erst in die Hauptstadt zum Sightseeing. Nach einer Übernachtung in D.C. gucken wir uns dann noch ein bißchen das hektische Treiben nach der Midterm-Wahl an und vielleicht sehen wir ja auch den vohin zurück getretenen Rumsfeld. Ah, ich wollte doch nicht schon wieder über Politik schreiben.

Danach geht es dann weiter die Ostküste runter. Nun bin ich mir aber noch nicht sicher, ob wir nach Jamestown (Ort der ersten permanente Besiedelung auf dem nordamerikanischen Kontinent in 1607) oder noch weiter südlich nach Virginia Beach fahren sollen – da Christiane dabei ist, ist mir das sowas von scheißegal, hauptsache wir machen das zusammen.

Ich bin also erstmal für ein paar Tage „Computer-los“ und werde daher auch keine Einträge schreiben können. Wenn wir aber wieder da sind gibt es dafür umso mehr zu berichten – und da wir beide gerne fotografieren, wahrscheinlich auch sehr viel zu sehen.

So, dann will ich mal die Wäsche machen und mein Zimmer aufräumen. Ach und mein Paper zu Ende schreiben. Ich will ja nicht unverrichteter Dinge nach Washington fahren.


Krebs durch vorehelichen Sex

November 1, 2006

Die Amerikaner sehen sich als ein so freies Völkchen, dass jede Einschränkung, sei es durch die Bundesstaaten, oder (noch viel schlimmer) durch die Regierung in Washington, erst einmal skeptisch aufgenommen, geprüft und dann geduldet oder aber abgelehnt wird. Das ist heute so und das war schon immer so.

Die amerikanische Verfassung von 1787 war genau so eine Einschränkung, bei denen die Einwohner des „neuen Kontinents“ erstmal kräftig schlucken mussten, bevor sie (bzw. ihre Repräsentanten) zustimmten. Die „Constitution“ gab der Regierung der Vereinigten Staaten eine Machtfülle, bei der sich viele Einwanderer an ihre alte Heimat Europa erinnert fühlte – ein Gefühl, wegen dem sie die „alte“ Welt verlassen hatten. Viele Amerikaner waren besorgt, dass eine so starke Regierung sehr schnell in eine Tyrannei umschlagen könnte – und dass sie die europäischen Verhältnisse, vor denen sie geflohen waren, einholen würden.

Aus diesem Grund wurde nur zwei Jahre nach Verabschiedung der ursprünglichen amerikanischen Verfassung damit begonnen eben diese zu ändern – im Englischen nennt sich dieser Prozess Amendment. 1789 wurden die ersten zwölf Amendments beschlossen und den Bundesstaaten zur Ratifizierung vorgelegt. Bis 1791 hatten es zehn dieser zwölf Änderungen durch den Ratifizierungsprozess geschafft und konnten unter dem Namen „Bill of Rights“ in die amerikanische Verfassung aufgenommen werden.

Seit 1789 sind über 10.000 Vorschläge für Amendments eingegangen, nur 27 haben es in die Verfassung geschafft. Man kann also sehen, dass diese Änderungen wichtiger Natur waren – mit dem „Bill of Rights“ an der Spitze in Punkto Wichtigkeit.

Heute soll es nicht um die Verfassung als solches, oder die 27 Amendments gehen, sondern nur um ein Amendment – eines auf das sich jeder Amerikaner gerne und oft beruft – das „First Amendment“:

Amendment I – Freedom of Religion, Press, Expression. Ratified 12/15/1791.

Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances. (link)

Im Klartext heißt das, dass die US-Regierung nicht mal im Traum dran denken soll, den Bürgern ihre freie Meinungsäußerung und ihr Recht auf friedliche Versammlung zu nehmen, oder eine Zensur der Presse zu veranlassen. Außerdem, und das ist für diesen Beitrag wichtig, sagt das erste Amendment ganz klar, dass der Kongress keine bestimmte Religion installieren darf und es damit eine absolute Religionsfreiheit in den USA gibt.

Jeder darf seinen eigenen Glauben haben und ausleben, es sei denn er verstößt gegen irgendwelche anderen Gesetze, wie z.B. im Fall Reynolds vs. United States von 1878. Über seinen Glauben reden darf man aber (fast) immer und (fast) überall. Kirchen sind hier so oft gesehen wie McDonalds, man könnte fast meinen, dass jeder Amerikaner seine eigene Kirche hat.

Gepredigt wird auch überall, vor allem aber im Fernsehen und an öffentlichen Plätzen. Womit ich, nach einem langen Ausflug in die amerikanische Geschichte, beim eigentlichen Thema dieses Eintrages bin.

Studenten gelten in den USA als gottlos, zumindest bekommt man das Gefühl, wenn man alle paar Tage von einem Prediger angeschrieen wird, wenn man am Amphitheater der Uni vorbei geht. Prediger stehen gerne auf dem Rasen des Auditoriums und brüllen ihre Ideen von Religion und Gottesfürchtigkeit unter das (studentische) Volk. Heute war wieder so ein Tag. Und da es sonnig war und sich auch andere Leute das Spektakel anguckten, entschied ich mich gegen meinen Politikkurs und widmete meine ganze Aufmerksamkeit dem „Missionar“, der sich auf dem Rasen des Freilicht-Auditoriums um Kopf und Kragen redete – ganz stilecht mit der Wunderwaffe des Christentums, dem Anfang allen und der Antwort auf alles Übel, der Bibel in der Hand.

Bekleidet mit beiger Stoffhose, braunem Hemd und Krawatte sah er ein bisschen naziesk aus – und seinen Worten nach zu urteilen, hatte er auch einiges Gedankengut aus der Zeit zwischen 1933 und 45 aufgeschnappt. Für diesen Prediger waren alle Juden (und seit neustem auch alle Moslems) schlechte Menschen. Die Juden, klar, weil sie Jesus umgebracht haben. Die Moslems, weil sie im Moment versuchen gute Christen mit selbst gebauten Bomben zu töten. Aber es wurde noch besser.

Nachdem Joe (ich nenne ihn jetzt einfach mal so, weil sich Joe so absolut nichts-sagend amerikanisch anhört) fertig mit den Juden und Moslems war, mussten die Frauen, speziell die Studentinnen, dran glauben. Mir blieb der Mund offen stehen, als Joe laut ausrief: „Alle Frauen hier an der Universität sind Huren. Und sie glauben, sie tun das richtige, wenn sie mit den Männern schlafen, dabei verkaufen sie sich und sind die schlimmsten Huren. Schlimmer als diejenigen, die es für Geld tun.“

Das lässt natürlich niemand auf sich sitzen, schon gar nicht in Amerika, wo jeder auf seine Redefreiheit pocht und seine fünf Minuten Ruhm haben möchte, auch wenn es nur in einem Auditorium vor knapp 100 Leuten ist. Also wurden massig Hasstiraden in Richtung Preacher-Joe geworfen, Joe versuchte sich mit Zitaten aus der Bibel zu wehren, aber der Gott, den er anflehte, die Sünder zu bestrafen, schien anderweitig beschäftigt zu sein. Im Höhepunkt der Auseinandersetzung marschierte eine der als Huren beschimpften Mädels zu Joe und bespukte ihn – unter dem Jubel des Auditoriums. Meiner Meinung nach eine ebenso dumme Aktio wie das Predigen an sich, aber egal.

Joe ließ sich aber nicht beirren, und da die Sonne schien und es warm war, blieben seine Zuhörer ihm auch weiterhin treu. Also predigte er weiter, ließ die Huren erstmal außen vor und widmete sich der Homosexualität, die er mit Hilfe irgendwelcher obskurer Theorien zu entkräften versuchte. Auch das erfolglos, aber dazu komme ich später.

Dann waren die Drogen dran und Joe zeigte allen Anwesenden wie man sich fühlt wenn man einen Joint raucht. Während er über den Rasen torkelte und dabei Verwünschungen ins Publikum schrie, stillte seine Frau seelenruhig das jüngste Kind auf der Bühne des Auditoriums. Immer mehr Studenten setzten sich auf die Treppen des Amphitheaters und sahen dem Schauspiel (zumeist) belustigt zu, bzw. genossen die Sonne und die Unterhaltung, die Joe unfreiwilligerweise bot.

Von noch mehr zuschauenden Menschen angestachelt setze der Prediger dann noch einmal zu einem Rundumschlag gegen die Studentenschaft der University of Virginia an, indem er alle Menschen der Sünde (die Gott übrigens nicht vergibt) bezichtigte, die a. Alkohol, Zigaretten, Drogen zu sich nehmen, oder b. vorehelichen Sex praktizierten – kein Wunder, dass sich da so ziemlich jeder angesprochen fühlte. Sein bestes Argument (meiner Meinung und dem kollektive Lachanfall aller Anwesenden nach) war jedoch, dass Frauen nach vorehelichem Sex keine Kinder mehr bekommen können, weil sie durch eben diesen Sex mit Krebs infiziert worden sind, der ihre Gebärmutter abtötet. Nach, wie gesagt, lautem Lachen und vielen Buh-Rufen (Joe hatte schon wieder das Wort „Hure“ benutzt) und einer misslungenen Wasserbomben-Attacke auf Joe besann sich dieser wieder auf ein anderes, schon bekanntes Thema – Homosexualität.

Ja, man kann sagen, dass Joe keine Schwulen und Lesben mag. Und das nicht, weil sie nicht nette Menschen wären (das betonte Joe ganz bewusst), sondern weil sie etwas Abscheuliches taten, indem sie mit ihrem gleichgeschlechtlichen Partner Gottes Ehre besudelten und die Schlimmste aller Sünden begangen. Auf den nächsten Programmpunkt war niemand im Auditorium gefasst, selbst Joe schien recht verdutzt zu sein. Mitten in seinen moralischen Vortrag über das Schlechte und Böse an Homosexualität platzen zwei Jungs hinein, die vor versammeltem Auditorium (und Joe) zu küssen begannen – begleitet von frenetischem Jubel der Anwesenden. Joe jubelte nicht, sondern versuchte sich hinter seiner Bibel zu verstecken, um nicht auch noch als Sünder da zu stehen.

Mittlerweile hatte ich Joe eine knappe Stunde zugehört und da er begann sich zu wiederholen (und ich der Meinung war, dass ich den Höhepunkt gesehen hatte) verließ ich das Spektakel und widmete mich wieder wichtigeren Dingen.

Durch dieses oben erwähnte Amendment war Joe geschützt. Und obwohl er den halben Campus zusammenbrüllte, ließ sich kein Polizist oder Security-Angestellter blicken. Aber lauf mal nackt über den Lawn (eine Tradition an der UVa, die ich nicht fortgeführt habe und auch nicht fortführen werde) – dann kleben dir drei Polizisten sprichwörtlich „am Arsch“.

Nackt über irgendwelche Rasen laufen ist übrigens durch keines der 27 Amendments gerechtfertigt. Irgendwo muss Freiheit ja auch aufhören.


Hallo, ween interessierts

Oktober 31, 2006

Kein Online-Tagebuch über ein Auslandssemester in den USA wäre komplett ohne diesen Eintrag. Zumindest, wenn man im Wintersemester an einer US-Uni studiert, bei einer Familie Au-Pair macht oder einfach mal in die Staaten gezogen ist, nur so halt.

Heute ist Dienstag, der 31. Oktober 2006. Ein Dienstag ist ja von Natur aus nichts Besonderes. Und als Deutscher sieht man auch im Datum nicht wirklich etwas Spezielles. Wenn man dann aber auf dem Weg zu einer Vorlesung von einem Bekannten mit den Worten „Happy Halloween“ begrüßt wird, erkennt man, was für eine besondere Bedeutung diese Tag hat – und das obwohl es ein Dienstag ist.

Auch Professoren verteilen CandyMittlerweile versuchen wir in Deutschland ja auch Halloween zu feiern. Das funktioniert ungefähr genauso gut, wie Oktoberfeste in Amerika. Die, zumeist amerikanische, Industrie gaukelt dem Deutschen vor, er brauche Halloween, damit die Zeit bis Weihnachten nicht so lange ist und schmückt Einkaufspassagen mit nett-gruseliger Deko in den Traditionsfarben Orange und Schwarz. Nur, zweifarbig dekorieren bringt noch lange nicht das Besondere eines fremden Festes ins eigene Land – auch hier wieder ein Verweis auf die Oktoberfest-Manie in den Staaten, wenn es Bier aus blau-weißen Plastikbechern gibt und überall blau-weiße Girlanden in der Gegend rumhängen.

Zurück zu Halloween:

„Halloween“ hat übrigens nichts mit „Hallo“ zu tun, sondern ist die Kurzform von „All Hallows Eve(ning)“, zu deutsch: der Abend vor Allerheiligen.
(Zwiebelfisch-Kolumne/spiegel.de)

Besser hätte ich das auch nicht erklären können, weil ich es vorher nicht wusste. Wer eine ausführliche Beschreibung haben möchte, dem lege ich wie immer Wikipedia ans Herz. Und ha, ich verlinke den Artikel nicht, damit sich der geneigte Leser selbst die Mühe machen muss, nach dem Halloween-Artikel bei Wikipedia zu suchen. Trick or treat halt.

In einem Blog, von dem man (und ich als USA-Student ganz besonders) viel lernen kann, ist eine sehr schöne Erklärung, warum Halloween eines der schönsten Feste im Jahr ist:

Halloween ist ein reines Kinderfest. Das geht beim Übergang in andere Kulturen oft verloren und auch in den USA und Kanada gibt es immer mehr Teenager- oder Erwachsenen-Partys.

Halloween ist nicht religiös oder politisch. Das folgt eigentlich aus dem ersten Punkt – Kinder sind bekanntlich noch zu nah an Gott, um sich Sorgen um Religion zu machen – sollte aber betont werden.
(usaerklaert.wordpress.com)

Wie der Autor der „USA erklärt“-Blogs schon ganz richtig sagt, wird das Export-Halloween von einem Kinderfest zu einem Fest für alle Altersschichten, die ganz Alten mal ausgenommen. Gerade in Deutschland gibt es in jeder Dorfdisco eine Halloween-Party, von den zahlreichen privaten Mottopartys ganz zu schweigen. Auch hier in den USA werden solche Parties gefeiert, gerade an der Uni wird jede Möglichkeit, sich besinnungslos zu saufen, gerne genutzt. Nur finden die Partys meist an dem Wochenende vor Halloween statt, was den 31. Oktober zu einem (fast) reinen Kinderfest mit extremer Karies-Gefahr für die Jüngsten macht.

The Lawn an HalloweenAn der University of Virginia sind die Studenten noch einen Schritt weiter gegangen. Sie überlassen den Kindern nicht nur den Feiertag, sie helfen auch noch aktiv mit den Zahnärzten volle Terminkalender zu bescheren. Ich hatte heute um 16.45 Uhr Schluss und machte mich auf den Weg nach Hause. Mein Weg führt mich am Lawn vorbei, dem lang gezogenen Rasenstück an dessen Ende die von Thomas Jefferson entworfene Rotunde steht. Auf beiden Seiten des Lawns wohnen Studenten in alt-ehrwürdigen Anbauten, die Jefferson als „akademisches Dorf“ bezeichnete (US-Präsident Wodrow Wilson und Schriftsteller Edgar Allan Poe wohnten auch dort). Damit die Eltern nicht mit ihren Kindern durch die Nachbarschaft ziehen müssen, können alle Kinder ab dem späten Nachmittag auf den Lawn kommen und in ihren Kostümen Runde um Runde drehen und von den Studenten, die vor ihren Zimmern sitzen, Süßigkeiten bekommen.

Das gliedert nicht nur die Studenten in die Gemeinschaft ein, sondern hilft den Eltern, die sich einiges an Zeit ersparen können und durch die intensive Candy-Bewirtung der Studenten die Tüten der Kinder in einem Bruchteil der Zeit voll haben – böse Zungen behaupten, dass die Eltern eher für sich als für die Kinder sammeln.

Mr. Incredible - einer von vielen UnglaublichenLeider haben nur wenige Erwachsene vorher Zeit Kostüme selbst zu machen, weshalb man viele Kinder in 0815-Verkleidungen sieht. Gut, die kosten auch nur zehn Dollar. Für das Geld bekommt man hier nicht mal Nadel und Faden, um selbst ein Kostüm zu schneidern. Daher konnte ich heute zahlreiche Supermänner, Scream-Masken-Träger, Powerranger, Prinzessinen, Engel, Spidermänner und Darth Vaders bewundern. Am besten gefielen mir aber die Kostüme der Kleinsten, die Kinder, die noch nicht mal wissen, dass es Halloween gibt; die aber schon von ihren Eltern in Ganzkörperkostüme gesteckt werden. Topfavorit an diesem Abend war uneinholbar ein kleiner Junge, dem als Löwe verkleidet, immer wieder die Kapuze ins Gesicht fiel bzw. sein Schwanz irgendwo hängen blieb. Beides sorgte für zahlreiche Lacher und Gott-sei-Dank ist es auch nicht so schlimm, wenn man hinfällt, da man ja eh nur 80 Zentimeter groß ist und in einem flauschigen, gepolsterten Löwenkostüm steckt. Ein Foto hab ich davon aber nicht gemacht, weil ich mir dann doch zu sehr wie ein Stalker vorkam.

Nach zwanzig Minuten auf dem Lawn war Halloween aber auch schon wieder vorbei, zumindest für mich. Während ich jetzt hier sitze und über einem Paper zum Thema „Kuba Krise“ nachdenke, reiben sich die Zahnärzte überall auf der Welt die Hände – denn nach heute gibt es wieder einiges zu tun.

Zum Schluss aber noch der Tiefpunkt der Halloween-Festivitäten, den man so wahrscheinlich 1:1 in Deutschland finden wird (und von dem ich sehr überrascht war, ihn in den Staaten anzutreffen):

Ein Zimmer verteilte natürlich Zahnbürsten anstatt Kaugummi, Lakritz, Marshmallows, Candy, Lollies und anderer vorzüglicher Süssigkeiten. Mir taten weniger die Kinder leid; diese beachteten den Gesundheits-Stand gar nicht. Eher hatte ich Mitgefühl mit den Studenten, denn sie hatten das Prinzip von Halloween aber mal so gar nicht verstanden. Halloween ist der einzige Tag an dem man Süßigkeiten essen darf, OHNE über die Konsequenzen nachdenken zu müssen und OHNE von den Eltern einen auf den Deckel zu bekommen; da haben Zahnbürsten nun wirklich nichts zu suchen.

Das komplette Fotoset gibt es hier.


Don’t Hassel the Hoff

Oktober 29, 2006

Es ist ja bald Halloween hier in den USA – und wenn man sich nach einem guten Kostüm umschaut, findet man eigentlich außer den üblichen (amerikanischen) Verdächtigen nichts. Sprich Superman, Spiderman, Sumoringer, Polizist, Feuerwehrmann und sämtliche Comicfiguren. Ich werde mich zwar nicht verkleiden, hatte mir aber trotzdem Gedanken gemacht, was für eine Verkleidung ich wählen würde, wenn ich mich denn verkleiden würde.

Und da gab es eigentlich nur eine Wahl, bei der zwei Faktoren mit reinspielen. Zum einen bin ich ein Deutscher – und zum anderen sind die Amerikaner bescheuert. Punkt eins bedarf keiner Erklärung, Punkt zwei seit G.W. Bush (eigentlich) auch nicht mehr, aber hier muss ich einen anderen Ansatz wählen.

Wer schon mal den Film „Dodgeball“ (dt. Titel: „Voll auf die Nüsse“) gesehen hat, wird sich erinnern, dass die Deutschen im Dodgeball-Turnier David Hasselhoff als ihr Idol dabei haben. Ein Bekannter von mir war im vergangenen Jahr in den USA und der Deutsch-Club machte mit einem Bild von Hasselhoff Werbung nach dem Motto: „Ein guter Grund warum Deutschland cool ist!“.

Lange Rede, kurzer Sinn, die Amerikaner denken, dass David Hasselhoff ein Deutscher ist. Warum auch immer. Außerdem denken sie, dass David Hasselhoff in Deutschland ein absoluter Top-Star ist. Das stimmt ja irgendwie beides nicht.

Noch mal lange Rede, kurzer Sinn: Ich hatte mir also überlegt, dass, deutsch wie ich bin, ich mich (wenn überhaupt) als David Hasselhoff verkleiden würde. Auf einer kleinen Recherche-Tour durchs Netz habe ich dann diese Seite gefunden: lovethehoff.com. Und auf dieser Seite habe ich dann auch das neue Video von Michael Knight Mitch Buchannon David Hasselhoff gefunden, mit dem er in England auf Nummer drei in die Charts eingestiegen ist. Unglaublich!

Ich hab es erst für eine gut gemachte Verarsche gehalten, aber weiteres Nachforschen hat ergeben, dass David Hasselhoff doch tatsächlich ein so selbstironisches Lied rausgebracht hat – irgendwie könnte er doch ein Deutscher sein.

Hier das Video (man muss es wirklich ganz gesehen haben):

 


Preis runter, Punkte rauf

Oktober 24, 2006

George W. Bush und seine Regierung scheinen sich noch mal ordentlich ins Zeug zu legen, um die, für die Midterm-Wahlen im November medial erwartete, Niederlage der Republikaner abzuwenden.Und wie macht man das am besten in Amerika? Natürlich, über den Spritpreis. Wenn der runter geht, gehen die Sympathiepunkte für den Präsidenten und seine Partei nach oben – davon profitieren dann auch die Politiker, die sich im November wählen lassen wollen. (Die Wahl ist zwar eine Midterm-Wahl; die Präsidentenwahl steht erst in zwei Jahren an, wird aber schon einen kleinen Trend zeigen können.)

Ich hab also vorhin den Jeep betankt. Nichts ungewöhnliches bei einem 40l-Tank und einem Durchschnittsverbrauch von 16l/100km. Ich hatte nur einen Zehner dabei, aber das macht hier absolut nichts, denn mit einem Zehn-Dollar-Schein kann ich den Jeep halb voll tanken. Als ich den Tankstutzen in die Öffnung schob (pervers, oder?) und auf die Anzeige schaute, wollte ich meinen Augen nicht trauen:

Da stand doch tatsächlich 1.96 Dollar für eine Gallone. Wieviel für wieviel wird sich jetzt das deutsche Publikum fragen. Ich rechne es mal fix um:

1,96 Dollar = 1, 56 Euro
1 Gallone = 3,78 Liter

Und jetzt, haltet euch fest – das macht einen Literpreis von sage und schreibe 41 Cent. Einundvierzig! Für die, die es immer noch nicht glauben: 41, 41, 41, 41, 41…

Wenn die Große Koalition den deutschen Spritpreis auf 41 Cent senken würde, wäre das nächste Wahlergebnis bei uns auch keine Überraschung mehr… Irgendwie sind wir doch alle gleich. Schön ist das. Und für 41 Cent pro Liter tanken ist noch mal doppelt-schön.


Amerika hat es gesehen

Oktober 20, 2006

ESPN war da, die Satellitenübertragung war aufgebaut, die Fans strömten ins Stadion und das Wetter spielte auch (halbwegs) mit.

Und selbst die Footballmannschaft der University of Virginia hatte einen guten Tag erwischt und spielte die North Carolina Tarheels mit 23-0 ziemlich an die Wand.

Die Schüssel steht - und ganz Amerika kann zugucken!Nationales Fernsehen lässt die Amis regelrecht durchdrehen. Im Vergleich zu einem normalen Spiel wurden mindestens zehn Mal soviele T-Shirts in Publikum geschossen, die Auszeiten dauerten mindestens zehn Mal so lang, wie bei einem normalen Spiel (da muss ja auch ein ganzer Werbeblock rein passen) und zehn Mal mehr Studenten hatten sich komplett mit orangener und blauer Farbe bemalt, um in einem Zwischenschnitt landesweit ins Fernsehen zu kommen. Schon den ganzen Tag merkte man eine eigenartige Anspannung, ich fragte mich die ganze Zeit, ob das wegen des Spiels oder wegen der Live-Übertragung war – im Endeffekt bin ich schlauer als zuvor; es war definitiv die TV-Ausstrahlung, die die Amis so begeistert hat. Selbst die schwebende Kamera, die an vier Stahlseilen über dem Spielfeld manövriert wird hatte ESPN mitgebracht…

Ich hab leider nicht so viele Bilder gemacht, wie ich erwartet hätte. Dafür aber ein Video vom Einmarsch der „Gladiatoren“. Vor dem eigentlichen Einlaufen prügeln dich die Maskottchen virtuell; man kann sich ja vorstellen, wer im Endeffekt gewinnt. Die Amerikaner finden so eine Show super und buhen und jubeln, je nachdem, wer gerade wem eine verpasst hat. Martin und ich wundern uns meist nur, wer soviel Zeit hat, so sinnlose Videos zu machen – man sieht aber zumindest, wohin die ganzen Millionen gehen, die jährlich an der University of Virginia für das Football-Programm ausgegeben werden.